Warum #actout, LGBTQIA+, queer etc. eben nicht normal ist
…und warum in den Medien eben trotzdem ständig darüber berichtet wird.
Heute Morgen habe ich meinen Toaster benutzt, der mir zwei Scheiben Toasts geröstet hat, die ich anschließend mit Schinken und Käse zu mir genommen habe. Heute Morgen ist mein Toaster explodiert!!! Welche der beiden Aussagen wäre wohl eine Schlagzeile wert? Nun haben sich vor einigen Tagen 185 “queere” Schauspieler und Schauspielerinnen und alles, was dazwischen ist, “geoutet”, sie würden der Gruppe der Schwulen, Lesbischen, Transmenschen oder “nichtbinären” Personen angehören. Was auch immer das genau bedeuten soll, so wurde dieses “Coming-Out” von den einschlägigen Medien gefeiert, hoch gelobt und als Durchbruch begrüßt, der bereits mit der Initiative einiger Frauen den 1970er Jahren verglichen wurde, in denen diese zugaben, dass sie ihre Schwangerschaft abgebrochen hätten. Mal davon abgesehen, dass nur eine Handvoll der Protagonisten zu den bekannten Gesichtern gehören, während der Rest eher unter “ferner liefen” sein Dasein fristet, bleibt die Frage, warum dieser Schritt überhaupt als mutig, begrüßenswert usw. angesehen wird. Und warum sich die Medien genau darauf stürzen. Sicherlich kennt mittlerweile jeder jemanden, der zu dieser sehr heterogenen Gruppe gehört, aber egal ob im TV, den nach wie vor existierenden Klatschblättern und gar den Online-Medien, man könnte den Eindruck haben, dass es immer mehr “LGBTQIA+”-Personen gibt, da ständig irgendwo darüber berichtet wird. Ist dies also wirklich das, was als “normal” bezeichnet werden kann? Ist es gar eine neue Normalität, die nicht nur die Medienlandschaft prägt?
Ich würde sagen – nein, genau das Gegenteil ist der Fall. Persönlich ist mir nun wirklich egal, wer wen liebt oder meint, dies zu tun, solange sich diese Beziehung rechtlich in einem einwandfreien Rahmen bewegt. Genaugenommen will ich gar nichts darüber hören, einige wenige Personen davon ausgenommen, die ich zum näheren Bekannten- oder Freundeskreis zähle. Aber davon abgesehen interessiert mich der Klatsch über Schauspieler, Schauspielerinnen, Prinzen und Prinzessinnen oder ähnliche Personen herzlich wenig. Vielleicht gehöre ich mit dieser Ansicht auch zu einer Minderheit, ansonsten würde sich die Yellow Press nicht nach wie vor verkaufen, aber was jemand in seinem Privatleben oder Schlaf- und sonstigen Zimmern macht, ist mir herzlich egal. Mir geht es eher auf den Keks, ständig darüber zu lesen, davon zu hören, dass der- oder diejenige nun schon wieder eine Affäre hatte, sich geoutet hat, das Geschlecht, sorry, sein/ihr Gender gewechselt hat oder ähnliches. Vermutlich sind mir daher auch Instagram und ähnliche Medien suspekt, wobei ich den Marketing-Aspekt natürlich nachvollziehen kann. Aber warum sollte ich ein Foto von meinem Frühstück in aller Öffentlichkeit teilen? (Wie erwähnt, es sei denn, der Toaster-Hersteller oder Toast-Fabrikant zahlt dafür. Jemand Interesse..?) Aber wäre mir der Toaster um die Ohren geflogen, würde ich dies vielleicht mitteilen wollen, sei es, um andere zu warnen, beim Hersteller nachzufragen, falls er auf Anfragen per Mail nur mit Textbausteinen antworten würde oder ähnliches. Und allein diese Meldung wäre auch viel interessanter als ein funktionierender Toaster, der noch immer den Standard darstellt.
Also wer, wenn nicht Schauspieler und Schauspielerinnen, Künstler und Künstlerinnen, die bereits des Berufs wegen ihr Konterfei in der Öffentlichkeit präsentieren, wäre besser dazu geeignet, derartige Schlagzeilen zu produzieren? Es sind nicht die Bäckerin, der Maurer, die Systemadministratorin, der Arzt, die Buchhalterin, der Lehrer, die Industriekauffrau, der Sachbearbeiter, die Pflegerin oder ähnliche. Es sind nicht die “normalen” Leute in “normalen” Berufen, die ihren täglichen Tätigkeiten nachgehen, abends ein wenig Zeit mit ihrer Familie verbringen und danach müde ins Bett fallen. Aber bringt dies wirklich ein “Stück Normalität in einer ansonsten heteronormative(n) Welt”? (Zitat aus “Coming-out von Schauspielstars – warum es uns etwas angeht, wen andere lieben“). Wenn sich Millionen Berufspendler in ihrem Wagen oder per ÖPNV zur Arbeit bewegen, wird darüber berichtet? Aber wenn eine Schallschutz-Betonwand umfällt und eine Fahrerin darunter begraben wird, wenn ein Zug entgleist oder anstatt am Zielort plötzlich in einem fremden Land ankommt, ist das schon ganz etwas Anderes. Das sind die Ausnahmen von der Regel, die Unfälle, das Nicht-Normale, das Schlagzeilen, Aufmerksamkeit und letztlich für die Medienschaffenden ein gewisses Plus an Einnahmen bedeutet. Werden Ausnahmen damit zur Normalität? Noch lange nicht, bzw. im besten Falle nicht. Auf den Verkehr übertragen wäre es sicherlich erstrebenswert, Vorkehrungen zu treffen, damit Unfälle nicht zur akzeptierten Normalität gehören. Die Berichte darüber könnten somit dazu dienen, dass es letztlich weniger von den Ausnahmen gibt, über die es zu berichten lohnt. Nun lassen sich Menschen nicht so einfach ändern, und das ist auch vollkommen in Ordnung. Insofern bleibt einzig und allein der Aspekt der Schlagzeile, oder anders gesagt, der Aufmerksamkeitsökonomie.
Aber wird über den oder die Schauspieler berichtet, die eine glückliche Ehe führen, die abseits ihres Berufes einfach nur “normal” ihren Tag verbringen? Die abends ihre Maske abschminken und ebenso im Supermarkt einkaufen gehen wie du und ich? Die nicht zufällig an irgendeiner Krankheit leiden, die nicht jammern, was sie vor hundert Jahren mal erlebt haben, sondern einfach damit zurecht kommen und ihr Leben leben? Zumindest ich habe eher selten davon gehört, schließlich ist dies ja auch nicht außergewöhnlich. Aber hey, wenn der Mann plötzlich Frauenkleider trägt und meint, dies in InstaSnapGramChatTwitBook posten zu müssen, dann ist es natürlich super und es muss darüber berichtet werden! Wenn jemand – gerade aufgrund diverser Berichte – nicht mehr weiß, ob er Frau oder Mann ist, sich in Identitätskrisen verhakt, muss ihm oder ihr vermeintlich geholfen werden, wobei dabei die Öffentlichkeit wohl eher fragwürdig ist. Und durch die ständig aufkeimenden Berichte über derartige Angelegenheiten wird wiederum der Eindruck verstärkt, dass immer mehr Personen zur LGBTwhatever-Gruppe gehören.
Und das soll normal sein? Nein. Ihr seid die Ausnahmen von der Regel. Ob das gut oder schlecht ist, mag jeder für sich selbst beurteilen. Aber kommt bitte damit klar.