Gute Instrumentalisierung, böse Instrumentalisierung
Vielleicht erinnert man sich – da gibt es die 16-jährige “Klimaaktivistin” namens Greta Thunberg aus Schweden, die zur Ikone der Klimaschützer hervor gehoben wird. Eine 16-jährige Schülerin tritt auf diversen Klima-Konferenzen auf, schwänzt dafür die Schule, was gerne wohlwollend als “Streik” bezeichnet wird. Ihr folgen nicht nur Myriaden von Schülern und Schülerinnen – zumindest aus ihrer Fan-Base Europa, sondern auch nahezu alle Mainstream-Medien. Jegliche Kritik, beispielsweise ob sich eine gewisse grüne, linke Interessensgruppe hinter jener Schülerin verbirgt, ob die Eltern – eine Opernsängerin und ein Schauspieler, die sicherlich einiges Wissen über eine publikumsträchtige Wirkung haben und damit professionell umgehen können, hinter jener Initiative stecken könnten, ob es nicht vielleicht besser für das Kindeswohl wäre, sich zunächst um ihre gesundheitlichen Probleme zu kümmern, wird rigoros bekämpft. In diesem Kontext ist dabei von einer Instrumentalisierung der 16-jährigen Jugendlichen zu lesen, so der Vorwurf einiger alternativen Medien.
Der Mainstream hingegen ist sich einig, unisono wird eine Instrumentalisierung bestritten, ja mehr noch, denn wer dies behauptet, würde der Heranwachsenden und somit auch ihren Anhängern, die sich ebenfalls zu Schul-“Streiks” berufen fühlen, eine Meinung absprechen und gehöre insgesamt zu der “rechten” Fraktion, von der man sich ganz klar distanziert. Dies bedarf auch keiner weiteren Diskussion, denn wer sich erstmal im “rechten” Lager befindet, hat keine Aufmerksamkeit oder gar Beschäftigung mit inhaltlichen Aspekten verdient. So zumindest die Ansicht der Medien.
Nun geht es mir hier tatsächlich nicht um die Klimaschützer und deren Ansichten – im Herzen bin ich irgendwie grün, nur kann ich mit der Parteipolitik mittlerweile sehr wenig anfangen. Greta Thunberg selbst hat sich – nach einiger Bedenkzeit wohlgemerkt – auch dies könnte ein Anzeichen für einen sehr professionellen Umgang mit Kritik ist, inzwischen auch selbst zu ihren “Hatern” geäußert. Wenn ihre Äußerungen tatsächlich von ihr stammen, ist sie sehr reif für ihr Alter, und ich nehme ihr auch ab, dass sie an ihre Initiative glaubt und alles unternimmt, um sich für die Umwelt einzusetzen. Daran ist auch gar nichts falsch – nicht zuletzt dürfte sich jeder für irgend etwas als Jugendlicher eingesetzt haben, nur viele mögen sich nur ungerne daran erinnern (lassen).
Während also manche für das Klima auf dieser Erde kämpfen, möchten andere ihre Freiheit im Internet nicht verlieren. Beispielsweise, wenn YouTube-Videos Film-Schnipsel thematisieren, wenn man über Zeitungsausschnitte bloggt, wenn Gamer ihre besten Szenen als Video mitschneiden, verpacken und kommentieren, wenn Lieblings-Lieder mitgesungen werden und im Hintergrund das Original-Video läuft. Oder allgemein, wenn Original-Quellen zitiert werden und die Endprodukte auf den großen Plattformen veröffentlicht werden, so dass sie ein gewisses Publikum erreichen.
Tatsächlich machen sich nicht wenige darüber Sorgen, dass dies – und noch viel mehr – nicht mehr erlaubt bzw. grundsätzlich blockiert wird, wenn die so genannten “Uploadfilter” eingerichtet werden müssen. Unter dem Deckmantel des Copyright-Schutzes entsteht so ein Filtersystem, das letztlich als Zensurinstrumentarium eingesetzt werden kann – und aller Wahrscheinlichkeit nach auch in naher Zukunft eingesetzt wird. Schließlich lassen sich unter der Prämisse der Terrorismusbekämpfung so einige Beschränkungen der Freiheit durchsetzen. Und ist nicht alles “Terror”, was sich gegen die jeweils aktuelle Regierung und deren Ansichten ausspricht? Aber gut, dazu gibt es an anderer Stelle weitaus mehr und detailliertere Informationen – der Punkt ist jedoch, dass sich so einige Bürger, darunter sicherlich auch Kinder und Jugendliche, gegen diese weitere Einschränkung der Freiheiten im Internet aussprechen und dafür einsetzen, dass der “Artikel 13” in letzter Sekunde noch gestoppt wird.
Nur scheint genau diese Initiative einigen nicht recht zu sein, was letztlich noch verständlich wäre. Aber die Mittel, die sie einsetzen, um ihre Ziele zu erreichen bzw. ihre Meinung zu äußern, sind schon gelinde gesagt unter der Gürtellinie. Zum Beispiel die CSU-Politikerin Monika Hohlmeier. Eine Berufspolitikerin, wie sie im Buche steht, quasi vom Elternhaus vorgegeben, nun im EU-Parlament beheimatet. Sie twitterte folgendes:
Moment, steht da etwas von “Instrumentalisierung”? Laut Frau Hohlmeier werden Kinder und Jugendliche also “instrumentalisiert”, wenn sie sich für die Freiheit im Internet einsetzen? Beim Klimaschutz ist es natürlich etwas völlig Anderes, oder wie darf man das verstehen?
Und was wäre, wenn es genau dieselben Jugendlichen sind, die sich für Klimaschutz und gleichzeitig Freiheit im Internet einsetzen? Diejenigen, die sich für ihre Umwelt – und damit auch einen Teil ihres natürlichen Lebensraumes, das Internet – interessieren und darauf pochen, achtsam damit umzugehen? “Wie übel ist das denn?” fragt Frau Hohlmeier – und genau diese Frage müsste sie selbst als erstes beantworten. Wie übel ist das denn – einerseits eine 16-jährige Jugendliche zur Ikone des Klimaschutzes aufzubauen, sie in den Himmel zu loben, ihre Initiative zu würdigen, ihr öffentlichen Raum zu geben, sie als leuchtendes Beispiel darzustellen, dass Jugendliche nicht nur an den neuesten Schmink-Tipps oder dem Lifehack fürs schnellere Mofa interessiert sind, und andererseits genau diese (noch) nicht politikverdrossenen Jugendlichen, die etwas bewegen wollen, als Instrument von ach so bösen und insbesondere hierzulande gerne zum Feindbild stilisierten US-amerikanischen IT-Konzernen zu diffamieren?
Jugendliche Initiative scheint insofern nur erwünscht sein, wenn sie den eigenen Interessen oder denen der von einem selbst vertretenen Lobby dient. Meiner Ansicht nach hat sich selten die Scheinheiligkeit der vermeintlichen “Volksvertreter” in einer solchen Deutlichkeit gezeigt wie hier.
Wobei – der Instrumentalisierungsvorwurf und der Zweifel an der eigenen Meinung anderer kann doch nur von “rechts” kommen, oder..?